Flugzeug an der Petruskapelle

Bericht aus der NGZ

 

                                                                                               Foto by Schütz - Deutschland

 

 

NGZ v. 03.06.06

Grevenbroich

Sportflugzeug am Heli-Haken

Autor: Von Wiljo Piel


Grevenbroich Ausgerechnet im Sinkflug von 600 auf 300 Meter stottert der Motor: Die beiden Piloten (35/50) der 180 PS starken „Robin“ versuchen fieberhaft, den streikenden Antrieb ihrer kleinen Sportmaschine in Gang zu bringen - doch vergebens.

 Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als eine Notlandung in einem Gerstenfeld auf der Königshovener Höhe zu wagen. Ein riskantes Unternehmen - das gelingt: Die in Frankreich gebaute Maschine setzt auf dem Boden des Kornfelds auf und kommt nach 60 Metern zum Stillstand, ohne Kratzer im Lack. „Das war eine reife Leistung“, lobt Heiner Pesch, Vorsitzender der Mönchengladbacher Motorflieger, das Können seiner Vereinskollegen.

Zwei Wochen lang grübelte Pesch darüber nach, wie die rot-weiße „Robin“ seines Clubs die Hochhalde wieder verlassen kann. Ein Start auf einem Acker wäre zwar drin, aber wegen des durchweichten Erdreichs derzeit nicht möglich.

„Und eine Komplettzerlegung der Maschine ist zu aufwendig“, erklärt der Flieger-Chef. Die Lösung kam gestern aus der Luft: Marcus Steffen, Helikopterpilot der Film- und Stuntproduktion „action concept“, rückte am Nachmittag mit seiner blauen Bell 407 auf der Königshovener Höhe an, um Hilfe zu leisten. Und damit wagte der 42-Jährige etwas, was sich bisher nur wenige zutrauten: Er nahm die kleine „Robin“ an den Haken.

Die Vorbereitung dauerte gut anderthalb Stunden. Thomas Katzmann, der hauptberuflich riskante Stunts für die Autobahnpolizei-Serie „Alarm für Cobra 11“ koordiniert, umgurtet die Sportmaschine zwischen Motorblock und Heck mit strapazierfähigen Bergsteigerseilen, die in einem 30 Meter langen Tau aus Stahl münden. Was simpel aussieht, ist kühle Berechnung: „Hier muss mit großer Sorgfalt gearbeitet werden, damit die Maschine später die Waage hält“, erklärt er.

Marcus Steffen beobachtet das Prozedere mit wachen Augen. Zwar ist der 42-Jährige ein erfahrener Lastenpilot mit 3900 Stunden Flugerfahrung, doch ein Flugzeug hat er noch nie am Haken gehabt. Dementsprechend sieht er dem Unternehmen auch mit gemischten Gefühlen entgegen. Angst? Die hat er nicht - aber einen gehörigen Respekt, den hat er. „Das muss auch so sein, sonst wird man leichtsinnig“, berichtet er. Steffen ist bundesweit der zweite Pilot, der das Wagnis eingeht, ein notgelandetes Flugzeug mit einem Helikopter zu bergen. „In den 80er Jahren gab es einen ähnlichen Fall“, weiß Heiner Pesch.

Die größte Sorge, die Steffen hat: „Wenn die ,Robin’ eigenen Aufwind bekommt, wird sie sich wie ein Flugzeug verhalten, sie wird schweben - dann wird es eng.“ Für diesen Fall nimmt sich der 42-Jährige vor, möglichst tief und langsam zu fliegen: „Wenn ich die Maschine abwerfe, soll so wenig wie möglich zu Bruch gehen.“ Völlig unklar ist auch, wie sich das Sportflugzeug unter dem drehenden Rotor verhalten wird - dreht es etwa mit? „Ich hoffe nicht. Das 30 Meter lange Stahlseil dürfte ausreichen“, schätzt der Pilot.

Und dann die Stunde der Wahrheit: Hochkonzentriert fliegt Marcus Steffen auf die kleine „Robin“ zu. Unter seiner Bell ist das Stahltross befestigt, das von der Bodencrew mit den Gurten des Flugzeugs verbunden wird. Steffen zieht langsam den Steuerknüppel an - und der 780 Kilogramm schwere Flieger hebt sich vom Boden, pendelt leicht zur Seite, bleibt aber stabil. Nahezu im Schritt-Tempo visiert der Heli-Pilot die Gustorfer Höhe an - gut 15 Minuten braucht er für die vier Kilometer lange Strecke zum Segelflugplatz.

Dort wird die Sportmaschine in den nächsten Tagen von Fachleuten gecheckt. Ende nächster Woche wird sie sich wieder in die Luft erheben - mit eigener Kraft.


Lieber Andreas Eßer, danke für den Artikel u. die Fotos !

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